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Günther Drosdowski über die Rechtschreibreformer
Von G u s t a
v K o r l é n
Theodor Ickler zitiert in seiner
vorzüglichen Abrechnung mit der Rechtschreibreform (Regelungsgewalt,
St. Goar 2001, S. 198) einen Brief aus dem Jahr 1996 von dem
langjährigen, inzwischen leider verstorbenen Leiter der
Dudenredaktion, Professor Günther Drosdowski, in dem dieser die
»mafiaähnlichen Zustände« in der Mannheimer
Rechtschreibkommission anprangert. In einem mir seinerzeit abhanden
gekommenen, aber vor kurzem wiedergefundenen Brief vom 3. Juni 1997 geht
Drosdowski näher ein auf die in der Tat haarsträubenden
Zustände, die in der Kommission herrschten :
Ich bin, wie Sie
vermutlich wissen, Mitglied in mehreren Gremien, aber weder in der
Göttinger Akademie der Wissenschaften noch in der Darmstädter
Akademie für Sprache und Dichtung, weder im Beirat des DIN
[Deutschen Instituts für Normung] noch im Gesamtvorstand der GfdS
[Gesellschaft für deutsche Sprache] oder in einer anderen
Kommission habe ich jemals eine so miserable und ineffiziente
Zusammenarbeit und solche Unerquicklichkeiten erlebt wie in der
Kommission für Rechtschreibfragen des IdS [Instituts für
deutsche Sprache]. Mit allen nur erdenklichen Mitteln und Tricks hat man
mich (übrigens auch Bernhard Weisgerber und andere
Kommissionsmitglieder) zu isolieren und von der Mitarbeit
auszuschließen versucht :
Herr [Dieter] Nerius mußte seine Einladung an mich zu einem
Arbeitsgespräch in Rostock auf Intervention der IdS-Kommission
([Wolfgang] Mentrup) rückgängig machen, auch gegen meine
Teilnahme an der Orthographietagung in Rorschach ist von der
IdS-Kommission (Mentrup) bei den zuständigen Schweizer Stellen
interveniert worden, und auch von dem in Wien 1994 eingesetzten
Redaktionskomitee für die Erarbeitung der endgültigen Fassung
des Regelwerks und des Wörterverzeichnisses hat man mich
fernzuhalten versucht, obwohl niemand außer mir über
Erfahrungen in der Festlegung von Schreibweisen nach amtlichen Regeln
und redaktionellen Routinen verfügte. Erst über die Schweizer
Delegation bin ich dann doch noch in das Redaktionskomitee aufgenommen
worden, wurde dann allerdings in geradezu skandalöser Weise von
Herrn [Klaus] Heller in meiner Arbeit behindert: Herr Heller hat mich
nicht ordnungsgemäß mit allen Unterlagen für die
Sitzungen versorgt, er hat meine Stellungnahmen und Listen mit
Korrekturen (das Regelwerk enthielt Versehen und Widersprüche, und
das Wörterverzeichnis wimmelte nur so von Fehlern) gegen meinen
ausdrücklichen Wunsch nicht abgelichtet und an die Mitglieder des
Redaktionskomitees verteilt, er hat es noch nicht einmal für
nötig gehalten, mich über den späteren Beginn von
Sitzungen zu informieren, so daß ich in den Gängen des IdS
[in Mannheim] meine Zeit vertrödeln mußte. Herrn [Gerhard]
Stickel waren diese Dinge aus Schreiben von mir oder aus Sitzungen, an
denen er vorübergehend teilnahm, vertraut (auch Frau
Ministerialrätin Lipowsky hat sich bei ihm über die miserable
Vorbereitung und ineffiziente Arbeit beschwert) – geändert hat
sich bis zuletzt nichts.
Mit
derartigen, an die üblen Praktiken der DDR-Bürokratie
erinnernden Methoden wurde also schließlich die mißratene
Rechtschreibreform, weitgehend unter Ausschluß der
Öffentlichkeit, durchgeboxt. Allein dies sollte genügen, um
die Reform in den Augen der Kultusminister zu disqualifizieren.
Günther Drosdowski zog folgendes Fazit :
»Es gilt nicht so sehr die Rechtschreibung zu reformieren, als
vielmehr die Reformer zu kurieren.« |